Montagskultur unterwegs Die Geschäftsführerin der Freien Volksbühne Berlin, Alice Ströver, der Journalist Reinhard Wengierek, der Kulturredakteur Stefan Kirschner sowie ein Überraschungsgast diskutieren über Neues auf den Berliner Spielplänen. Augen wie Gebirgsseen, schimmernde blonde Haare, kurzgeschoren wie bei einem Jungen, dazu Stupsnäschen: Katharina Schlothauer ist als Kindergärtnerin Inken Peters eine Erscheinung. Burschikos, androgyn, unwiderstehlich. Munter hin- und herspringend zwischen wilder Entschlossenheit zu lieben und zugleich noch ganz unbekümmerte, die Welt als einzige Spielwiese umarmende Naivität ("Es macht ihm nichts aus, dass ich jünger bin"). So kennt man ihn von der Bühne nicht - Berliner Morgenpost. Kein Wunder, dass sich Geheimrat Clausen, der ihr Großvater sein könnte, in dieses Wesen verguckt hat. Am Schlosspark-Theater darf er das jetzt wieder: in Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang". Der wichtigste Vertreter des Naturalismus und Literaturnobelpreisträger, der sich vor den Karren der Nazis hat spannen lassen – er wird nicht mehr oft gespielt in Berlin.
Beide Stücke stehen in der kommenden Spielzeit nicht auf dem Spielplan, dafür aber unter anderem wieder "Der kleine König Dezember" und "Die Selbstanzeige" mit Wigald Boning und Thomas Koschwitz. Natürlich können sich die Besucher auch auf neue Inszenierungen freuen. Die erste ist, wie bereits genannt, "Amadeus". Ein Stück, für das das Theater "bis an die Grenze geht, um es bewältigen zu können", erklärt Hallervorden. "Wir hoffen, dass es schön wird", sagt Regisseur Thomas Schendel ganz unprätentiös. Vor sonnenuntergang schlosspark theater . Auch bekannte Namen werden in der Spielzeit 2015/16 wieder auf den Plakaten zu lesen sein. So wie die von Michaela May und Jürgen Heinrich, die ab 24. Oktober in "Rose und ihr hilfreicher Geist" auf der Steglitzer Bühne stehen werden. "Ein spannendes Stück" findet Regisseur Lorenz Christian Köhler. Weil man, wie bereits im "Kleinen König Dezember" mit Projektionen und Videosequenzen arbeiten wird, um den Dialog zwischen der Autorin Rose und ihrem verstorbenen Mann Walsh in Szene zu setzen.
Hier endlich zeigt der Hausherr mehr Couleur und ein differenzierteres Spiel. Es endet in Frau Peters' Küche, Clausen regengepeitscht, den Selbstmord schon im irren Blick. Man ertappt sich trotzdem bei dem Gedanken, wie der Abend wohl aussähe, würde Achim Wolff den Matthias Clausen spielen. Sein Professor Geiger, Jugendfreund und Stimme der Vernunft, besitzt genau jene seigneurale Güte, die sich wie eine dünne Haut über einen verletzlichen Charakter spannt und jederzeit zerreißen kann. Vor sonnenuntergang schlossparktheater dieter hallervorden. Die Leine, die Thomas Schendels Inszenierung mit dem Text verbindet, ist kurz. Wir sehen das Stück, wie Hauptmann es geschrieben hat. Und dann doch ein bisschen mehr. Diese Familie, die Abkömmlinge, der Sohn, die beiden Töchter: Hier gleichen sie Marionetten, die von allein nicht lebensfähig sind. Das väterliche Erbe scheint ihnen gar nicht so wichtig zu sein. Die Impulse, sich das Vermögen unter den Nagel zu reißen, kommen vor allem von den Eingeheirateten, von Klamroth, von Paula. In der Erziehung dieser drei Kinder ist etwas schrecklich schiefgelaufen.