Selbstverständlich sollte dabei die Rolle Deutschlands als Kolonialmacht verherrlicht werden – was auch in den nicht-fiktiven Texten zur Genüge geschah. Den literarischen Teil der Anthologie sollte der China-'Spezialist' Karl May übernehmen. Was Kürschner offenbar nicht wusste: Nach seiner Orientreise hatte May nicht nur dem Schreiben von Abenteuerliteratur Valet gesagt, sondern stellte nun auch seine (ihm zu Ehren sei's gesagt: schon immer vorhandene) pazifistische Weltanschauung mehr und mehr in der Vordergrund seines Schaffens – diese und seine gegen jede Form von Rassismus gerichteten Ideen. Ich erzähler bei karl may 2012. Kürschners Wahl hätte also schlechter nicht ausfallen können. May – diesbezüglich wohl wirklich naiv – machte sich über Kürschners Vorstellungen offenbar auch keine Gedanken, nahm den Auftrag an und machte sich daran, eine Geschichte zu erzählen, in der eine Annäherung der Rassen, Nationen und Religionen als Ziel der Menschheit und der Menschlichkeit propagiert wurde. Diese Geschichte auch nur ansatzweise zusammenzufassen, ist unmöglich.
Heroisch rettete er die Bedrängten und die in Not Geratenen, stets war er auf der Seite der unterdrückten Völker, zumal der Indianer. Und zugleich war Old Shatterhand, was uns Berliner Schülern der dreißiger Jahre besonders verächtlich vorkam - ein unerträglicher Wichtigtuer, ein ganz großer Angeber. Er behandelte die Bösewichter, wie sie es verdienten, er sorgte immer für Ordnung und Gerechtigkeit - wenn nicht mit der bloßen, mit der eisernen Faust, dann doch mit einer ungewöhnlichen Waffe, einer wahren Wunderwaffe. Karl May: Und Friede auf Erden! – litteratur.ch. Heute erinnert uns dieses Wort an den Zweiten Weltkrieg. Mit der deutschen Wunderwaffe waren damals jene großen Hoffnungen verknüpft, die nie in Erfüllung gegangen sind. Übrigens: Zu den begeisterten Lesern Karl Mays gehörte auch Adolf Hitler. Da konnte man Bloch nicht widersprechen "Und mag am deutschen Wesen / Einmal noch die Welt genesen. " Diese Verse des inzwischen vergessenen Poeten Emanuel Geibel aus Lübeck kannte ich damals wohl nicht. Aber es ging mir schon auf die Nerven, daß es bei Karl May immer ein Deutscher war, der in seinen Romanen dafür sorgt, daß am Ende natürlich das Gute siegt.
Zumindest dürfen wir sagen, dass Mays Lösung des Leib-Seele-Problems originell ist. Zusammengefasst: Das Buch trieft von Kitsch und seltsamen theologischen Ansichten. Eine Story existiert kaum, und wenn, ist sie schwer nachzuvollziehen. FAZ: Man muß zugeben: ein erstaunlicher Erzähler - Das Karl-May-Forum. Selbst Karl-May-Aficionados verschweigen diesen Roman meist schamhaft. Es braucht eine gewisse Liebe zum (theologisch) Ausgefallenen, wenn man diesen Roman zu Ende lesen will. Und selbst dann wird man wohl so manche Stelle einfach seufzend querlesen.
Für einmal muss ich zugeben, dass dieses Buch (ich zögere, es einen Roman zu nennen) nicht ohne historische Kenntnisse und vor allem biografische Einzelheiten des Autors verstanden werden kann. Das ist in meinen Augen fast immer ein Zeichen eines schlechten Buchs – so auch hier. Zum Autor: Karl May ist den jüngeren unter meinen Leser*innen wahrscheinlich sowieso unbekannt; bis in die 1960er war er im deutschen Sprachraum (und nur da! – eine internationale Karriere blieb Mays Büchern ebenso verwehrt wie den Filmen nach deren Motiven) ein Haushaltsname. Geboren 1842 in ärmlichsten Verhältnissen, in jungen Jahren straffällig geworden, arbeitete er sich mit seinen Reiseerzählungen empor zum Star am Himmel der deutschen Trivialliteratur – Erzählungen, die vor allem im Nahen Osten und im Wilden Westen angesiedelt waren. Obwohl er jahrelang das Gegenteil behauptete, beruhten diese Erzählungen keineswegs auf echten Abenteuern. May war erst 1899 im Orient, 1908 in den USA. Ich erzähler bei karl may der. Beide Male reiste er komfortabel als Massentourist, von den Abenteuern und Entbehrungen seiner Erzählungen konnte keine Rede sein.